Behinderungen und Erkrankungen in der Arbeit offen kommunizieren?
Michael – wir brauchen deinen Rat! Wie gelingt offene Kommunikation über Behinderungen oder chronische Erkrankungen am Arbeitsplatz?

Michael ist Talent Manager und berät Jobsuchende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen im Rahmen unseres Talent (R) Programms auf ihrem Karriereweg. Wenn wir nicht weiterwissen, hat er meistens eine Antwort parat. Heute teilt Michael seine Erkenntnisse rund um das Thema “Offene Kommunikation von Behinderungen und Erkrankungen in der Arbeit.”
Ich brauche aufgrund meiner Behinderung
oder chronischen Erkrankung eine berufliche Auszeit –
wie kommuniziere ich das am besten?
Eine Auszeit durch Reha(-bilitation) ist in Österreich alle 5 Jahre bis zu 2-mal erlaubt, in Deutschland ist das Beantragen von Rehabilitation alle vier Jahre möglich. Ich persönlich nutze das Angebot regelmäßig für meine Diagnosen Colitis Ulcerosa & Morbus Crohn.
Grundsätzlich braucht es für die Planung einer Reha keine besondere Kommunikation. Meine Erfahrung in Österreich: Beantrage die Reha bei dem:der Hausarzt oder Hausärztin, bringe den Bescheid zu deiner Krankenkasse und/oder Pensionsversicherungsanstalt – warte etwa 3-4 Wochen und sobald die Bestätigung da ist, plane deine Reha und kommuniziere sie mit deiner Führungskraft.

Das myAbility Talent® Programm
Informiere Dich über das Karriereprogramm für Studierende und Akademiker:innen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen. Dich erwarten kostenfreie Karriere-Coachings, persönlicher Austausch mit führenden Arbeitgeber:innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz und vieles mehr.
Infos zum Talent ProgrammIch lebe mit einer unsichtbaren Behinderung –
wie spreche ich das offen am Arbeitsplatz an?
Nur so, wie du dich dabei wohlfühlst! In den meisten Fällen ist es dir überlassen, was du von deiner Behinderung oder Erkrankung preisgeben möchtest. Du möchtest offen damit umgehen? Diese Tipps habe ich für dich:
- Trial & Error: Auch die beste Kommunikation kann bei unterschiedlichen Unternehmen oder Ansprechpersonen unterschiedlich wahrgenommen werden. Bei mir hat ein offenes Kommunizieren oft super funktioniert, aber manchmal gab es kein positives Ergebnis.
- Lösungsorientierung: Stelle deine Barrierefreiheitsanforderungen nicht als Problem dar, sondern formuliere sie als Lösung für einen erfolgreichen Arbeitstag. Ein persönliches Beispiel: Die Schübe meiner chronischen Erkrankung können teilweise spontan auftreten. Damit ich diese gut abfangen kann, unterstützt mich das Arbeiten im Home Office. Dort kann ich meinen Arbeitsalltag meinen Bedürfnissen entsprechend gestalten.
Welche Vorteile hat es,
meine chronische Erkrankung offenzulegen?
Welche Risiken könnte das bergen?
Offene Kommunikation hat den Vorteil, dass Missverständnissen entgegengewirkt werden kann. So brauchst du dich nicht gestresst fühlen, etwas zu verstecken, gleichzeitig wissen deine Kolleg:innen oder Führungskräfte Bescheid und können dabei unterstützen, die richtige Zusammenarbeit zu finden.
Risiken sind jedoch auch vorhanden, denn viele Unternehmen können damit noch nicht so inklusiv umgehen wie andere. So kann man im schlimmsten Fall auch aus dem Bewerbungsprozess fallen. Wichtig ist, dass wir uns selbst genau bewusst machen, wo und wie wir arbeiten wollen und können.

Wie kann ich meinen Kolleg:innen und Vorgesetzten
meine Erkrankung erklären, ohne stigmatisiert zu werden?
Eine gute Basis ist ein vertrauensvolles und wertfreies Umfeld. Sprich in einem stressfreien Moment, wo ausreichend Zeit vorhanden ist, um von deinen Erfahrungen mit der Erkrankung auf der Arbeit und Herausforderungen zu erzählen. Und dann leitest du sie an, was du tust, damit du deinen Arbeitsalltag gut absolvieren kannst. So können sie deine Entscheidungen und Herangehensweisen vielleicht besser verstehen.
Wie gehe ich mit ungeeigneten Fragen im Vorstellungsgespräch
in Bezug auf meine Behinderung um?
Merke dir: Über Gesundheit, Religion, sexuelle Orientierung, Kinderwunsch, etc. dürfen keine Fragen gestellt werden. Somit sieh jede Information, die du über dich teilen möchtest, als ein Geschenk für das Unternehmen.
Aber: Selbst wenn Unternehmen wirklich wissen wollen, wie sie deinen Arbeitsplatz inklusiv gestalten können, heißt das nicht automatisch, dass sie das auch direkt umsetzen können.