Ökonomische Selbstbestimmung – was heißt das?

Am 3. Dezember - dem internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen – wollen wir im Rahmen der #PurpleLightUp Kampagne die ökonomische Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen in den Mittelpunkt stellen. Aber was heißt das eigentlich?

Fredrik hält ein Schild in der Hand. Darauf steht: Ich entscheide über meinen Beruf.

Ich entscheide über meinen Beruf

Ökonomische Selbstbestimmung heißt zum Beispiel: Ich kann mir meinen Beruf selbst aussuchen. Das klingt für manche vielleicht selbstverständlich. Die Realität sieht für viele aber anders aus. Menschen mit Behinderungen sind in manchen Branchen und Berufsfeldern kaum vertreten. 

Besser wäre: Ich entscheide selbstbestimmt über meinen Beruf. Ich kann Kindergartenpädagog:in, Anwält:in oder CEO werden. Ob ein Job mit der eigenen Behinderung vereinbar ist, wissen Menschen mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen selbst am besten. 

Damit Selbstbestimmung bei der Jobsuche möglich ist, muss der Arbeitsmarkt grundsätzlich offen für Menschen mit Behinderungen sein. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen in Österreich und Deutschland dazu, je nach ihrer Größe eine gewisse Anzahl an Menschen mit Behinderungen anzustellen. Die meisten Unternehmen gehen dieser Verpflichtung nicht nach. In der Schweiz gibt es eine solche Regelung noch nicht. Deswegen ist es wichtig aufzuzeigen, wie die Potenziale von Menschen mit Behinderungen genutzt werden können.   

Auch barrierefreie Webseiten und Stellenanzeigen ermöglichen es mir, den Weg zur passenden Stelle zu finden. Sensibilisiertes HR-Personal kann barrierefreie Bewerbungsprozesse schaffen, in denen alle Bewerber:innen die Möglichkeit haben, zu glänzen.   

Tina hält ein Schild in den Händen. Darauf steht: Ich habe Zugang zu Bildung.

Ich habe Zugang zu Bildung

Ein selbstbestimmtes Auswählen von Berufen ist nur möglich, wenn ich die dafür notwendigen Kenntnisse erlernen kann. Dafür müssen Ausbildungen und Weiterbildungen barrierefrei sein. Das kann zum Beispiel heißen: Ich kann alternative Prüfungsmethoden auswählen oder ich bekomme Gebärdensprachdolmetscher:innen für meine Lehrveranstaltungen. Oder aber: Ich kann Kurse auch von zuhause aus belegen. 

Erik hält ein Schild in den Händen. Darauf steht: Mein Arbeitsplatz wird an meine Bedürfnisse angepasst.

Mein Arbeitsplatz wird an meine Bedürfnisse angepasst  

Eine Arbeitsplatzanpassung ist besonders wichtig, damit ich meine Kenntnisse und Fähigkeiten gut einsetzen kann. Diese Anpassung sieht für jede Person anders aus. Manche brauchen persönliche Assistenz, andere Lesegeräte oder einen ruhigen Arbeitsplatz. 

Wichtig zu verstehen ist: Eine Arbeitsplatzanpassung ist keine Luxusbehandlung, sondern ein notwendiger Schritt, um Menschen mit Behinderungen erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren und ihnen eine chancengerechte Teilhabe zu ermöglichen. Sie sorgen dafür, dass behinderte Mitarbeiter:innen den Arbeitsplatz gleich gut nutzen können wie nichtbehinderte Kolleg:innen. Arbeitsplatzanpassungen werden übrigens gefördert. Informationen dazu gibt es für Österreich beim Unternehmensservice Portal und für Deutschland bei der Bundesagentur für Arbeit.

(Link: Förderung für Behinderteneinstellung (usp.gv.at)) und für Deutschland hier (Link: Förderung von Menschen mit Behinderungen | Bundesagentur für Arbeit (arbeitsagentur.de) ) 

.Ein guter Ansatz wäre, allen Mitarbeitenden die Frage zu stellen: „Was benötigst Du um optimal arbeiten zu können?“ und dies je nach Ressourcen möglichst unbürokratisch anzubieten. 

Lukas hält ein Schild in den Händen. Darauf steht: Ich kann von meinem Lohn leben.

Ich kann von meinem Lohn leben  

Manche Menschen mit Behinderungen arbeiten auf dem sogenannten geschützten Arbeitsmarkt. Sie arbeiten dort, weil sie als „arbeitsunfähig“ gelten oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Arbeit finden. Laut einer Umfrage der Arbeiterkammer sind in Österreich mehr als 20.000 Personen, die als arbeitsunfähig gelten, in sogenannten Beschäftigungswerkstätten bzw. Tagesstrukturen beschäftigt. In diesen geschützten „Werkstätten“ verdienen die Mitarbeiter:innen zwischen 60 und 200 Euro pro Monat. Beschäftigte auf dem geschützten Arbeitsmarkt haben außerdem keinen Anspruch auf eine eigene Kranken- und Pensionsversicherung. Sie sind von ihren Familien und staatlicher Unterstützung abhängig. Das ist das Gegenteil von ökonomischer Selbstbestimmung.  

Besser wäre: Faire Entlohnung für Arbeit, inklusive Kranken- und Pensionsversicherung, die ein gutes Leben für alle ermöglicht, ohne vom Staat oder der eigenen Familie abhängig sein zu müssen. 

Robert hält ein Schild in den Händen. Darauf steht: Ökonomische Selbstbestimmung ist mein Recht.

Ökonomische Selbstbestimmung ist mein Recht  

Das Recht auf Arbeit und das Recht auf soziale Sicherheit sind Menschenrechte. Menschen mit Behinderungen haben also das Recht, ihren Lebensunterhalt durch Arbeit finanzieren zu können. Das steht in der UN-Behindertenrechtskonvention, die Österreich, Deutschland und die Schweiz ratifiziert haben. Die UN-Behindertenrechtskonvention, kurz UNBRK, verpflichtet ihre Mitglieder, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen voranzutreiben.  

Die UNBRK betont außerdem: Behinderung wird nicht nur durch eine medizinische Diagnose bedingt, sondern vor allem durch Barrieren im Umfeld. Inklusion und Teilhabe erreichen wir, indem wir diese Barrieren erkennen, beseitigen und, da wo notwendig, Unterstützung anbieten. 

Sandra hält ein Schild in den Händen. Darauf steht: Ich habe den gleichen Zugang zu Produkten und Services

Ich habe den gleichen Zugang zu Produkten und Services 

Ungefähr 15% der potenziellen Kund:innen haben eine Behinderung. Es macht Sinn für Unternehmen, diese Personengruppe nicht vom Kauf ihrer Angebote auszuschließen. Es geht nicht nur um bauliche Barrierefreiheit von Geschäften und Filialen, sondern auch darum bereits im Design von Software, Konsumgütern oder Dienstleistungen Menschen mit Behinderungen und ihre Bedürfnisse einzubeziehen. Wenn ich ein Angebot nicht nutzen kann, weil es Barrieren für mich enthält, kann ich kein:e selbstbestimmte:r Konsument:in sein. Wenn in Unternehmen auch Menschen mit Behinderungen repräsentiert sind, können mögliche Barrieren für Kund:innen frühzeitig zu bedacht werden.

#PurpleLightUp Kampagne

Gemeinsam mit euch allen möchten wir einen offenen und selbstverständlichen Zugang zum Thema Behinderung vorleben und treten an jedem Tag dafür ein, Barrieren zu beseitigen, die Bewerber:innen, Mitarbeiter:innen und Kund:innen noch immer daran hindern, selbstbestimmt am Wirtschafts- und Arbeitsleben teilzuhaben.

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